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Leo Löwenthal


von Synke Sander

 

Gröbzig und die Gröbziger mögen gemeinhin als eigenbrödlerisch gelten und dieses mag in mancher Hinsicht auch stimmen, aber eines sind sie mit Sicherheit nicht: intolerant. Die Stadt Gröbzig wurde über viele Jahrhunderte als „Juden-Gröbzig“ bezeichnet. Dieses resultiert aus einem von gegenseitigem Respekt und Achtung gelebten Zusammenseins, wo zuerst der Nachbar als Freund galt und die Religion keine tragende Rolle spielte, auch wenn dieses so manches Mal behauptet wurde. So war unser Städtchen Geburtsort von Prof. Chaim Heymann Steinthal und der Lebensmittelpunkt unseres allseits geschätzten Heimatdichters Leo Löwenthal, der in so unnachahmlicher Weise die Begebenheiten in einer kleinen Stadt aufschrieb. Durch sein Werk ist das „alte“ Gröbzig uns bis in die heutige Zeit erhalten.

Leo Löwenthal wurde am 13. Mai des Jahres 1855 in Gröbzig geboren. Sein Geburtshaus stand in der Bernburger Straße. Dort verlebte er eine friedliche und fröhliche Kindheit, aus deren Bereich wir leider nichts wissen, da die Quellen uns keine Informationen eröffnen.

In späteren Jahren betrieb er in Gröbzig eine kleine Manufaktur und ein Geschäft. In dieser Manufaktur wurden Krawatten hergestellt, die er bis nach München verkaufte. Für die damalige Zeit eine enorme Wegstrecke. Seine wahre Passion lag allerdings im Beobachten der Gegebenheiten in Gröbzig. Diese Betrachtungen waren so genau, dass sie heute noch sehr gut nachempfunden werden können. Er schrieb die Dinge des Alltags auf, schaute sozusagen den Menschen auf den Mund, was in seinem Fall durchaus wörtlich zu nehmen ist, da er die Begebenheiten in der Gröbziger Mundart zu Papier brachte. Dafür sind wir ihm äußerst dankbar, da diese Sprache nicht mehr gesprochen wird und somit langsam ausstirbt. Leo Löwenthal war ein Gröbziger Original – er kannte jeden und jeder kannte ihn. Er verstarb am 14. September 1925 und wurde unter großer Anteilnahme der Gröbziger Bevölkerung auf dem etwas außerhalb der Stadt gelegenen jüdischen Friedhof beigesetzt.

Die Jahre vergingen – und die Zeiten änderten sich. Im Lauf der Zeit geriet die Lage des Grabes in Vergessenheit. Man meinte, es sei in der Zeit von 1933 – 1945 zerstört worden. Das war allerdings eine Fehlaussage. Unser leider schon verstorbenes Mitglied Fritz A. Jahrmarkt hat, beginnend in den 1990-ern, im Jahr 1999 die Position des Grabes unseres einzigen Heimatdichters aufgefunden. Lange musste der Heimatverein darum kämpfen, eine Grabplatte ausführen zu lassen und anbringen zu können, gar mannigfaltig waren die bürokratischen Hemmnisse, die auferlegt wurden. Fritz A. Jahrmarkt, die Mitstreiter des Heimatvereins und die Gröbziger Bürgerschaft ließen sich allerdings nicht beirren, sodass im Jahr 2004 unter reger Anteilnahme der Bevölkerung die Grabplatte auf dem Stein angebracht werden konnte.

 

Was bleibt?

Leo Löwenthal hat in den Herzen der Gröbziger wohl zu Recht auf alle Zeit seinen verdienten Ehrenplatz. Er war der einzige Heimatdichter unserer Stadt und ohne sein Werk würden wir heute kaum noch Kenntnis vom Gröbziger Dialekt haben. Sein Büchlein: „Jreebzjer Allerlei“ hat wohl in fast jedem Gröbziger Haushalt eine Heimat, denn nur zu gern stöbern wir heute in den Geschichten aus der „guten, alten Zeit“.